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Nachruf

Liebe Virginia!

Nun hast du es tatsächlich getan.
Du hast dich aus diesem Leben verabschiedet, aus freiem Willen, selbstbestimmt und ganz für dich alleine.
Ich habe großen Respekt vor deinem Mut diesen Schritt zu gehen.
Und ich kann es nicht fassen, dass weder die Kliniken noch unsere Community noch ich es geschafft haben, dir einen Funken Hoffnung zu schenken.

Ein Jahr haben wir intensiv miteinander verbracht: Oktober 2015 bis September 2016!
Du konntest eine unglaubliche Lebensfreude haben. Dein Lachen klingt in mir, während ich dies hier schreibe.

Geld oder materielle Dinge waren dir nicht besonders wichtig, du hast die Kleinigkeiten geliebt: dem Klackern der losen Steine vor meinem Haus lauschen, wenn wir mit den Fahrrädern darüber fuhren, mit meinem Stoffschaf Lützel kuscheln, einen kleinen Pilz auf einem Stück Rinde bewundern oder Seifenblasen über den Teufelsberg schweben lassen…

So oft hast du mich mit kindlichen Spielereien angesteckt: nackt in die Spree hüpfen, Intuitionsspaziergänge durch Schöneberg, mit dem selbst ausgebauten Bus auf Liebestournee durch Ungarn reisen, uns auf La Palma gegenseitig mit schwarzem Sand einreiben…
Und tanzen – beim Zeit-Los, Ecstatic Dance, Liebe tanzen, zu Hause, auf der Straße, immer und überall.

Um so überraschter war ich über die Verzweiflung, die immer wieder auftauchte. Ich sehe die vielen Tränen, die du geweint hast. So viel Trauer und unglaubliche Wut. Eine Wut, die zerstörerisch war, schließlich auch selbstzerstörerisch.

Einmal habe ich dich angerufen als du auf dem Hochhaus standst und springen wolltest – du hattest vergessen dein Handy auszumachen. Ich habe dich in die Psychatrie begleitet – dort gab es Medikamente und einmal am Tag Gruppensitzung. Das war alles!

Wo ist der Ort, wo Menschen in so einer Situation wirklich geholfen wird? Wo ist die Gemeinschaft, die da ist, ohne dass man sie sich selber mühsam zusammen suchen muss? Wo war ich als du dich erneut entschieden hast?

Diese Welt war zu schroff für deine zarte Seele. Mögest du auf der anderen Seite Ruhe, Frieden, und Leichtigkeit finden. Mögest du unbeschwert tanzen so viel du magst! Und mögen klackernde Steine mich immer an dich erinnern und mir bewusst machen, dass es auf die Kleinigkeiten im Leben ankommt.

Danke für dein Sein.

Ich lasse dich in Liebe los.


Update: Picknick für Virginia am 27. Juni, Facebooklink hier

Text von Facebook:

Samstag von 12:00 bis 14:00, Heidekampweg 39, 12437 Berlin.

Von Christopher Gottwald und Naf Tali

Da auf Wunsch von Angehörigen die Einäscherung und Beisetzung in Stille und weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollen, möchte ich ein Picknick für Virginia veranstalten.

Wenn du sie gekannt hast und dich nochmal erinnern magst oder dich austauschen willst, komm vorbei mit Decke, Getränk und evtl. einem kleinen veganen Beitrag zum Buffet. Vielleicht willst du etwas vorlesen, von ihr erzählen, oder ein Lied mit uns zusammen singen. Bring gerne Instrumente, Fotos von Virginia oder einen Gegenstand mit, den du von ihr hast.

Wir treffen uns um 12 Uhr vor dem Haus ihrer letzten Wohnung (Heidekampweg 39) und gehen von dort in den kleinen Park (Südlicher Heidekampgraben), um uns in die Wiese zu setzen. Was genau da passiert, entsteht aus den Menschen, die da sind. Jede/r kann den Abschied so feiern, wie sie oder er das möchte! Jedes Gefühl, das auftaucht ist willkommen. Vielleicht entsteht gemeinsam ein kleines Ritual.