Geschichten

Wollen, Entscheiden, Küssen, Kontrolle aufgeben, Sex

Eine Geschichte von unserer Netzwerkfreundin Manu

Wollen, Entscheiden, Küssen, Kontrolle aufgeben, Sex. Als ich das geschrieben habe war mein Kopf voller Gedanken. Angeheizt von seinen Worten die wie Vögel in meinem Kopf herumschwirrten.
Ein Echo, das an der Innenseite meiner Schläfen abprallt und ungebremst in meinem Kopf nachhallt. Immer wieder haben Worte diese Wirkung auf mich, und je unterfickter ich bin, desto intensiver ist die hervorgerufene Reaktion. Möglicherweise leide ich auch nur unter einer speziellen Form des Tourette-Syndroms. Bestimmte Worte merke ich mir. Von Zeit zu Zeit verlassen sie von mir ungewollt die Gehirnwindung in der ich sie abgelegt habe und beginnen zu kreisen. Worte, so habe ich gelernt, haben ein Eigenleben.

In meiner Vergangenheit gibt es unzählige Beispiele dafür, welche Bedeutung Worte für mich haben. Einmal haben eine Handvoll Worte eine Freundschaft beendet. Ein einziger Satz liess mich in eine 350 km entfernte Stadt ziehen und 5 Worte reichten aus um eine Liebesbeziehung zerbrechen zu lassen. 3 Worte genügten um zu heiraten. 1 Wort reichte aus um geschieden zu werden.
Worte sind wie Vögel die wir nicht mehr einfangen können. Im schlimmsten Fall können sie die Kraft einer tödlichen Waffe entfalten. Ich lege schon lange nicht mehr jedes Wort auf die Goldwaage, aber nach wie vor spielen Worte in meinem Leben eine entscheidende Rolle. Auch die, die nicht ausgesprochen werden.

Ich mag Worte in allen Formen. Laut und leise. Ernst und albern. Im Bett hervorgelockt und herausgepresst genauso wie geschrien.

Aber was ich am meisten liebe ist das geschriebene Wort. Bereits als Jugendliche besass ich über 1000 Bücher. Alles, was die anderen Kinder mit ihren Familien unternahmen fand in meinem Kopf statt. Die Bücher die ich besass waren meine Möglichkeit der Realität zu entfliehen. Das geschriebene Wort besitzt eine unwiderstehliche Anziehungskraft für mich. Vor allem im sexuellen Bereich.

Ich muss an Florian denken dem ich damals schrieb, dass mir das Küssen wichtig sei. Das ich einmal einen Mann geküsst hatte, mit dem das Küssen furchtbar war. Tatsächlich ist es so schlimm gewesen, dass ich ihn nach diesem Kuss nicht mehr als Partner in Erwägung ziehen konnte obwohl ich ihn sehr mochte.

Florian schrieb mir: Darf ich Dir eine persönliche Frage stellen?
Ich antwortete mit Ja.
Er fragte: Hat Dich schon einmal ein Mann schlecht geküsst, der Dich dann gut geleckt hat?

Florians Botschaft lag auf der Hand. Sie lautete, dass er nicht nur ein guter Küsser sei, sondern eine Frau auch mit der Zunge befriedigen könne. In Anbetracht von soviel Selbstbewusstsein war ich irritiert und zögerte einen Moment mit meiner Antwort. Über den Zusammenhang von Küssen und Lecken musste ich erst einmal nachdenken. Ich glich seine These mit meiner eigenen Erfahrungen ab und dachte an Mathias der weder küssen noch lecken konnte.
Nach Mathias kam Michael der mich so geküsst hat, dass meine Beine wegsackten. Der grosse, blonde Micha, dessen Liebstes es war, seinen Kopf in meinem Schoß zu versenken. Ich bin sicher, das meine Erfahrung mit Michael massgeblich dazu beigetragen hat, dass ich eine Vorliebe für jüngere Männer entwickelt habe.

Aber zurück zu Florian der kürzlich 37 geworden ist. Natürlich hatte er Recht. Aber was ließ ihn glauben, dass er ein guter Küsser sei? Er antwortete, dass er sich nur auf das Hier und Jetzt konzentriere und keinen Gedanken darauf verschwende, wohin das Küssen führen könne.
Er schrieb, dass er den Wechsel zwischen unglaublich zärtlich, aber dann auch sehr wild, perfekt beherrsche.
Damit war es um mich geschehen und ich hing an dem Haken, den der Mann mit den braunen Locken sorgfältig ausgeworfen hatte.

Das alles ist schon ziemlich lange her, trotzdem habe ich seine Worte nie wieder vergessen.
Der Grosse mit dem hübschen Gesicht und der schönen Seele ist ein Freund geworden. Wir haben unzählige nächtliche Stunden am Telefon verbracht, einmal sogar bis halb 4 Uhr morgens. Wir chatten, treffen uns im Café oder ich koche für ihn. Im Bett sind wir nie gelandet. Aber ich habe immer noch seine Worte im Kopf. Und manchmal erinnere ich mich wieder daran, dass sie mich unglaublich heiss gemacht haben.

Als sich Florian das letzte Mal in meiner Küche an mir vorbei geschoben hat, und dabei kurz und vollkommen unnötig seine Hände auf meine Hüften legte, musste ich mich zusammenreißen. Plötzlich waren seine Worte wieder da und galoppierten wie wilde Pferde durch meinen Kopf. Und ich, die ich zu diesem Zeitpunkt vollkommen unbefriedigt war, musste mich zwingen nicht die Augen zu schliessen und mich gegen ihn sinken zu lassen.

Ich stelle fest, dass Worte eine unglaubliche und geradezu magische Wirkung auf mich haben und in meinem Hirn Spuren hinterlassen wie Brandzeichen. Vielleicht kann ich sie auch deshalb immer wieder nach Belieben hervorholen.
Ich liebe Worte. Zur rechten Zeit losgelassen dürste ich nach ihnen und sauge sie auf wie ein Schwamm. Es müsste demnach eigentlich Worte, Wollen, Entscheiden, Küssen, Kontrolle aufgeben und Sex heissen.

Jetzt bin ich gerade in einer anderen Situation. Ein Mann sitzt beim zweiten Treffen in meiner Küche.
Als er sich mit einem Glas Wein in der Hand in greifbarer Nähe befindet, kommt mir das so vertraut vor, dass ich am liebsten meine Füße in seinen Schoss legen möchte. Aber ich bin nicht sicher ob er das will und lasse es.

Später im Flur frage ich mich ob er mich küssen wird. Ich glaube, dass ich es gut und passend fände wenn er jetzt die Initiative ergreifen würde. Aber er macht keinerlei Anstalten und ich gehe enttäuscht und zugleich erleichtert ins Bett.

Enttäuscht, weil ich mich einen kurzen Moment lang darauf gefreut habe, dass er in meine Haare greifen und meinen Kopf zurückziehen wird. Das er mich leidenschaftlich gegen die Wand drängt und dabei eine Hand auf meine Brust legt. Die gleiche Hand, die er später zwischen meine Schenkel schieben wird. Voller Sehnsucht frage ich mich was es für ein Gefühl wäre, seine Zunge in meinem Mund zu spüren. Und dann auf meinen Brustwarzen und in meinem Schoß.

Als er zur Tür raus ist weicht der fast schon körperlich spürbare Schmerz der Enttäuschung einem Seufzer der Erleichterung.
Erleichterung, weil mir möglicherweise gerade eine Menge Herzschmerz erspart bleibt. Ich kenne meine Muster. Ich weiss, wer mir gut tut und wer nicht. Und ich habe begriffen warum mich Männer reizen die mir weh tun werden.

Danach schreibe ich mit dem Mann ein bisschen plan- und ziellos hin und her. Das passt gut für mich die ich eigentlich gerade andere Dinge zu erledigen habe. Aber dann kommt der Abend an dem er schreibt: „Du würdest es geniessen mit mir im Bett.“

Danach kennt mein Kopfkino keine Grenzen mehr. Ich fühle die Wärme die meinen Körper in Wellen flutet. Spannung breitet sich aus. Meine Brüste schmerzen. Meine Brustwarzen richten sich auf und sehnen sich nach Berührung. Meine Atmung verändert sich. Sie wird intensiver, tiefer und schwerer. Ich öffne den Mund damit ich mehr Sauerstoff aufnehmen kann. Meine Lungen füllen sich, blähen sich auf und drücken meinen Brustkorb auseinander. Ich spüre das vertraute Ziehen in meinem Unterleib.
Während sich Nässe in meinem Schoß ausbreitet brenne ich lichterloh. Ich fühle mich wie ein wildes, ausgehungertes Tier, dass nervös an den Stangen seines Käfigs entlang streift.

„Du würdest es geniessen mit mir im Bett“ echot es in dem Teil meines Gehirns, der für die Emotionen, die Freude und den Sex zuständig ist.

Ich schreibe dem Absender der Worte, dass diese in meinem Kopf die Wirkung von Vögeln entfalten die sich nicht mehr einfangen lassen und das ich über Wollen, Entscheiden, Küssen, Kontrolle aufgeben und Sex schreiben werde.
Und während ich ihm diese Worte schreibe denke ich daran wie es hätte werden können wenn er mich geküsst hätte.


Fotos: Freepik

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